Diagnose Krebs: Können Worte töten?
Th. Ahlert, J. Beier

Vorhergehendes Kapitel: 4.2 Anpassung des Patienten

5. Psychotherapien

Psychotherapien haben das Ziel, mit geistig - seelischen Mitteln Verhaltensanomalien und seelisches Leiden zu verringern.

Der Weg, der in der Psychoanalyse, der analytischen und tiefenpsychologischen Psychotherapie beschritten wird, beeinhaltet, durch Bewusstmachung und Reflexion vergangene Erfahrungen aufzuarbeiten. Zu diesem Zweck wird der Zugang zum Unbewussten des Patienten gesucht, um die dort gespeicherten Gedächtnisinhalte hervorzuholen und Verstrickungen und Verflechtungen von Ängsten, Hoffnungen, Wut, Lust und Ärger aufzudecken. Dies geschieht unter anderem über das Beobachten und Deuten von Träumen und das affektiv-emotionale Durcharbeiten der entstehenden Beziehung von Therapeut und Patient. Das Hauptanliegen ist dabei nicht, von vorneherein zukünftige Verstrickungen zu vermeiden, sondern in Konfliktfällen zu wissen, „wo es herkommt“ und anders reagieren zu können.

Je nach Art der hier gewählten Methode kann die Therapie sehr zeitaufwändig sein, da das ganze Seelengefüge im Einzelnen betrachtet wird. Bei Krebskranken scheint die Fachwelt sich zudem über die speziellen Risiken einer analytischen Therapie noch nicht einig zu sein.

In Gesprächstherapien wird der Patient veranlasst, seine Probleme mit sich und der Umwelt im Gespräch mit dem Therapeuten zu analysieren. Hier wird nicht notwendigerweise explizit mit dem Unterbewussten gearbeitet. Eine Form der Gesprächstherapie ist das von Grossarth-Maticek und Kollegen speziell für Krebspatienten entwickelte Autonomietraining: Problemkreise werden identifiziert und mit etwas Anstrengung („Training“) seitens des Patienten gelingt es oft, das eigene Leben zumindest innerlich autonom zu gestalten.

Das einfachste und am schnellsten erste Erfolge zeitigende Verfahren ist die Verhaltensanpassung über eine Verhaltenstherapie. Sie geht davon aus, dass Verhalten – auch schädliches Fehlverhalten – erlernt und somit auch wieder verlernbar ist. Hier muss der Patient seine psychische Struktur nicht wesentlich einbeziehen, sondern nur bestimmte Verhaltensweisen, die für Disharmonie prädestinierend sind. Die Störungen werden in der erweiterten Variante auch auf der Basis von Lerntheorien behandelt, z.B. mit Hilfe der im nächsten Abschnitt beschriebenen Technik der Dekonditionierung, die fest verwurzelte Verhaltens- oder Reaktionsweisen aufzulösen vermag.

Nächstes Kapitel: 6. Dekonditionierung und Vipassana - Meditation